"Wenn wir ein Tonwerk hören, hören wir niemals bloss flächig, die Gestalt, wie sie im Vordergrund sich entfaltet; wir hören, ohne uns dessen ausdrücklich bewusst zu sein, immer auch Tiefe, die Herkunft aus dem Hintergrund.“ 

Victor Zuckerkandl: "Vom musikalischen Denken"

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Victor Zuckerkandl (1896-1965) war ein österreichischer Musikwissenschaftler und Musiker, der sich intensiv mit der Musik und musikalischen Semantik beschäftigte. Seine Erkenntnisse betonen die tiefgreifenden Beziehungen zwischen den Tonstufen und die "unsichtbaren, aber hörbaren" dynamischen Kräfte in der Musik. Hier ist eine kurze Erklärung dieser Konzepte:

Zuckerkandl argumentierte, dass Tonstufen in der Musik nicht nur isolierte Noten sind, sondern lebendige Entitäten, die in ständiger Beziehung zueinander stehen.

Tonstufen sind die Bausteine unserer Musik. Es gibt insgesamt zwölf, aber hauptsächlich benützen wir nur sieben davon.  Einfach bildlich dargestellt: die weissen Tasten am Klavier sind die siebe Haupttonstufen. Diese Tonstufen sind unabhängig von einer Tonhöhe oder Tonalität, daher besitzen sie gleichbleibende Namen: Do, Re,Mi Fa, So, La. Ti 

Jede Tonstufe hat eine eigene Klangfarbe und einen Charakter, welcher durch ihre Position in der Tonleiter und ihr Verhältnis zu anderen Tonstufen bestimmt wird.

Zuckerkandl beschrieb die "unsichtbaren, aber hörbaren" Kräfte zwischen den Tonstufen als das Wesentliche, welches die Musik zum Leben erweckt.

Diese Kräfte äußern sich in den Spannungen und Auflösungen zwischen den Tonstufen und sind verantwortlich für das emotionale Erleben der Musik.

„Die Gesamtheit aller dynamischen Qualitäten bildet das Tonsystem der Musik; die Töne, die ihrer Träger sind, ergeben, der Höhe nach angeordnet, die Tonleiter.Der Ursprung der dynamischen Qualität liegt also nicht in der besonderen Tongestalt, sondern im Tonsystem; der Ton verdankt seine dynamische Qualitäten seiner bestimmten Stellung im System-anders ausgedrückt, seiner Lage im Kraftfeld. Jeder Ton enthält so gewissermassen das ganze System in sich."

Er betonte die Bedeutung der Tonstufen und die dynamische Kräfte in der Musik, da sie die Beziehung und den Spannungsverlauf zwischen den Tonstufen definieren.

In verschiedenen Ton-Umgebungen können dieselben Tonstufen unterschiedliche Bedeutungen haben.

"Was als Tongestalt gehört wird, ist also nicht das Nacheinander verschiedne hohe Töne, das auf und Ab im Tonraum, sondern eine dynamisches Geschehen,Vorgang in einem Kraftfeld, das die Töne selbst mit ihrem Erklingen ins Dasein rufen. Zusammenhang, Einheit, Bedeutung der Tongestalt sind die eines dynamischen Geschehens, Tongestalt baut sich auf aus den dynamischen Qualitäten der Töne". 

Zuckerkandl betonte, dass die Zeit in der Musik keine lineare Abfolge von Ereignissen ist, sondern durch die Kräfte zwischen den Tonstufen geformt wird.

Das Timing, die Pausen und die Rhythmen sind Ausdruck dieser unsichtbaren Kräfte.

Er glaubte, dass diese Kräfte und Beziehungen zwischen den Tonstufen eine tiefgreifende emotionale Bedeutung haben.

Musik kann daher Emotionen, Gedanken und Geschichten vermitteln, indem sie die Kräfte zwischen den Tonstufen geschickt einsetzt. Viele Komponisten aber auch Volksmusiker haben dies instinktiv erkannt und in ihren Liedern angewendet. Anders gesagt, die Tonstufen und die zwischen ihnen herrschenden Kräfte haben ihre Kompositionen grundlegend beeinflusst. 

Musikerinnen und Musiker, die Zuckerkandls Konzepte verstehen, können die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten erweitern und eine tiefere Interpretation von Stücken erreichen, weil sie die Strukturen, die ihre Melodien geformt haben, kennen und verstehen. 

Fazit:

Die musikalischen Kräfte und Regeln, wie sie von Victor Zuckerkandl beschrieben wurden, zeigen, dass Musik mehr ist als nur Noten auf einem Blatt Papier oder Töne im Ohr. Sie sind das Zusammenspiel zwischen den abstrakten Kräften, die durch die Tonstufen manifestiert sind. Die Musik ist daher eine organische Einheit.

„In den Tönen der Musik hören wir Kräfte, deren Wirken in der Körperwelt keinerlei Spuren hinterlässt. So herrscht denn die Musik in einem Reich, das ihr einzig angehört."

Dies ist das Geheimnis hinter der emotionalen und künstlerischen Tiefe der Musik. Das Verständnis dieser Kräfte ermöglicht uns, die Musik in all ihrer Komplexität und Schönheit zu erleben und zu schaffen. Es eröffnet uns eine Welt, in der die unsichtbaren Verhältnisse zwischen den Tonstufen hörbar werden und die Musik lebendig wird.

Doch wie kannst Du diese Erkenntnisse in die Praxis umsetzen, wie können sie Dir dabei helfen, dich intensiver mit der Musik auseinanderzusetzen? 

Meine Bücher und Video-Kurse bauen auf den hier beschriebenen Erkenntnissen Zuckerkandls auf.

Wann du Interesse hast, kannst Du eine Leseprobe herunterladen oder Dir einige gratis Lektionen anschauen.